
„Grün denken, Grün fliegen!“ – damit warb die Fluggesellschaft Air Baltic für angeblich umweltfreundliche Flugreisen. Das Landgericht Berlin II hat dem Unternehmen diese und andere Werbeaussagen untersagt, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als irreführend kritisiert hatte. Bei ebenfalls beanstandeten Aussagen zu „nachhaltigem“ Flugbenzin folgte das Gericht dem vzbv dagegen nicht.
Airline laut eigener Werbung „Von Natur aus grün“
Die lettische Fluggesellschaft Air Baltic fliegt in Deutschland unter anderem die Flughäfen Berlin, Frankfurt und München an. Auf ihrer Internetseite hatte die Airline unter der Rubrik „Warum mit uns fliegen?“ das Bild einer „grünen“ Airline für Umweltbewusste vermittelt. „Grün denken, Grün fliegen“ hieß es auf der Startseite. „Unsere Flotte … gibt Ihnen die Möglichkeit, grüner zu fliegen.“ An anderer Stelle stand neben der Abbildung eines Flugzeugs der Air-Baltic-Flotte: „Von Natur aus grün“. Zudem versprach das Unternehmen seinen Fluggästen einen „kleineren Fußabdruck am Himmel“.
Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin im Team Rechtdurchsetzung des vzbv, erklärte, man müsse „sich darauf verlassen können, dass umweltbezogene Aussagen ihr Versprechen halten. Gut, dass das Gericht Air Baltic beim Greenwashing Grenzen aufgezeigt hat.“ Wer klassische Flugreisen heutzutage als „grün“ bezeichne, gaukle Verbraucherinnen und Verbrauchern etwas vor: „Es ist wichtig, dass Gerichte strenge Maßstäbe an die Zulässigkeit von Umweltwerbung anlegen“, so Hoppe.
Werbung für „grünes“ Fliegen ist irreführend
Das Landgericht Berlin II schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass diese Werbung irreführend ist. Umweltaussagen hätten für Verbraucherinnen und Verbraucher einen hohen Stellenwert, zudem seien die verwendeten Begriffe oft mehrdeutig. Darum seien besonders hohe Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbung zu stellen. Ein nicht unerheblicher Teil der Leserinnen und Leser werde den Begriff „grün“ generell als „umweltfreundlich“ verstehen und daraus schließen, mit Air Baltic zu fliegen sei umweltfreundlich und klimaneutral. In diesem Fall sei es bereits irreführend, den Begriff überhaupt im Zusammenhang mit dem Fliegen zu verwenden: Fliegen sei per se nicht umweltfreundlich.

Das Landgericht Berlin hat klargestellt: Fliegen ist weder grün noch umweltfreundlich oder klimaneutral.
Außerdem sei laut Landgericht völlig unklar, ob Air Baltic tatsächlich „grüner“ sei als andere Fluggesellschaften: Zahlen, die den Vergleich mit dem Marktdurchschnitt ermöglichen, habe das Unternehmen nicht vorgelegt (Urteil des Landgerichts Berlin II vom 18.12.2024, Az. 15 O 437/23 – nicht rechtskräftig).
Werbung mit nachhaltigem Flugbenzin war zulässig
Den Antrag des vzbv, dem Unternehmen auch die Werbung mit „nachhaltigem“ Flugkraftstoff zu verbieten, lehnten das Gericht dagegen ab. Der Begriff „nachhaltig“ sei zwar ebenso wie „grün“ nicht klar definiert. In diesem Fall habe das Unternehmen aber durch einen ergänzenden Hinweis die Bedeutung des Begriffs in der Werbung eindeutig erklärt. Danach bezog er sich darauf, dass es sich um einen aus alternativen Rohstoffen gewonnen Brennstoff handelt, der weniger CO2-Emissionen freisetzt als aus Rohöl erzeugter Treibstoff. Air Baltic habe nicht der Eindruck erweckt, dass dieser Kraftstoff keinerlei Emissionen verursache.
Air-Baltic-Klage ist Teil einer europaweiten Aktion
Die vzbv-Klage gegen Air Baltic ist Teil einer europaweiten Aktion: Der europäische Verbraucherschutzdachverband BEUC mit Sitz in Brüssel hatte im Jahr 2023 gemeinsam mit 23 Mitgliedsorganisationen das umweltbezogene Werbeverhalten von Fluggesellschaften untersucht und Beschwerden an das Verbraucherschutzbehördennetzwerk CPC eingereicht. Der vzbv hatte im Zuge der „Aktion Green (f)lying“ fünf Klagen gegen Fluglinien eingereicht. Nach Angaben des vzbv betrifft dies neben Air Baltic auch Ryanair, Eurowings, Air France und Vueling.
Eurowings musste bereits korrigieren
Die Stiftung Warentest weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich auch die Lufthansa-Tochter Eurowings „einen ökologischen Anstrich“ hatte geben wollen, ihr dies aber ebenfalls gerichtlich untersagt wurde: „Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass die Fluggesellschaft ihre Flüge nicht mehr mit der Aussage ‚CO2-neutral reisen … ausgleichen und abheben‘ bewerben darf (Az. 6 U 45/24).“
Die Airline hatte ihren Kundinnen und Kunden angeboten, „die durch ihre Flüge verursachten CO2-Emissionen zu kompensieren“. Dies sollte mithilfe von nachhaltigem Treibstoff und Investitionen in Klimaschutzprojekte geschehen. Diese Werbung fand die Deutsche Umwelthilfe irreführend und klagte vor dem Oberlandesgericht Köln. Das Gericht stellte fest, „dass die Klimaschutzinvestitionen nicht sofort, sondern erst in Zukunft zum Tragen kämen. Auch in welchem Ausmaß dies geschehe, sei unklar. Deshalb seien die Werbeaussagen irreführend – die Eurowings-Werbung damit nicht zulässig.“
Quellen (siehe Link-Liste): Verbraucherzentrale Bundesverband, Stiftung Warentest