
Wenn wir darüber sprechen, woher unser Strom kommt, denken viele zuerst an die Strompreise, die sie bezahlen. Die Kosten dagegen, die notwendig sind, um eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen, sind die „Stromgestehungskosten“. Diese Gesamtkosten der Stromerzeugung umfassen Investitionen in Anlagen, Betriebskosten, Wartung und – falls notwendig – den Brennstoff. All diese Faktoren beeinflussen, wie teuer der Strom für uns Verbraucherinnen und Verbraucher ist. Und diese Stromgestehungskosten unterscheiden sich bei erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne im Vergleich zu klassischen Kraftwerken wie Kohle und Gas. Aber wie groß sind diese Unterschiede?
Die Neuauflage einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zu den Stromerzeugungskosten verschiedener Kraftwerke belegt: Photovoltaik-Anlagen produzieren mittlerweile deutlich günstiger Strom als Kohle- oder Gaskraftwerke, auch in Kombination mit Batteriespeichern. Das Fraunhofer ISE berechnet diese Stromgestehungskosten – die durchschnittlichen Erzeugungskosten pro Kilowattstunde Strom – für Deutschland seit 2010 in regelmäßigen Abständen. Die Analyse aus dem Jahr 2024 liefert nicht nur einen aktuellen Kostenvergleich für die Umwandlung unterschiedlicher Energieformen in elektrischen Strom, sondern auch eine Prognose für die Kostenentwicklung bis 2045.
Spezifische Stromgestehungskosten der einzelnen Energieträger
Laut den Berechnungen dieser Studie sind PV-Freiflächenanlagen und Onshore-Windenergieanlagen mit Kosten von 4,1 bis 9,2 Cent pro Kilowattstunde (kWh) nicht nur unter den erneuerbaren Energien, sondern unter allen Kraftwerksarten die kostengünstigsten Technologien in Deutschland. Die Stromgestehungskosten für PV-Batteriesysteme variieren hierzulande zwischen 6,0 und 22,5 Cent pro kWh. Diese große Bandbreite ergibt sich aus den hohen Kostenunterschieden für Batteriesysteme und PV-Anlagen sowie aus der unterschiedlich starken Sonneneinstrahlung am Anlagenstandort.
Das folgende, aufgrund der vielen Energieträger ziemlich bunte Diagramm des ISE illustriert die Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke im Jahr 2024. Für jeden Energieträger ist ein Kostenbereich mit Minimal- und Maximalwert (in Cent/kWh) angegeben. Die deutlichen Unterschiede fallen sofort ins Auge.

Spezifische Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke an Standorten in Deutschland im Jahr 2024
Stromgestehungskosten für Erneuerbare fallen bis 2045
Das Studienteam berücksichtigte für alle Kraftwerkstechnologien auch die Kostenentwicklungen für den Bau und den Betrieb der Anlagen bis 2045. Danach liegen die Stromgestehungskosten im Jahr 2045 bei kleinen PV-Dachanlagen zwischen 4,9 und 10,4 Cent pro kWh und bei PV-Freiflächenanlagen zwischen 3,1 und 5,0 Cent pro kWh. Im Jahr 2045 neu gebaute Windenergieanlagen könnten Onshore zu Kosten zwischen 3,7 bis 7,9 Cent pro Kilowattstunde Strom produzieren. Offshore- Windkraftanlagen haben ebenfalls ein großes Potenzial zur Kostenreduzierung. Preisverbesserungen bei der Windenergie erwartet das Forschungsteam hauptsächlich dank höherer Volllaststundenzahl und größerer Anlagen.
Flexible Kraftwerke mit höheren Stromgestehungskosten
In einem klimaneutralen Energiesystem mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien braucht es neben Batteriespeichern als „Back-up“ auch flexibel regelbare Kraftwerke. Einen Teil der benötigten Leistung können laut Fraunhofer ISE perspektivisch Biogas- und Biomassekraftwerke decken. In der Studie wurden die Stromgestehungskosten mit flexibler Fahrweise, also mit mittleren bis niedrigen Volllaststunden, gerechnet. Die Kosten liegen bei Biogas zwischen 20,2 und 32,5 Cent pro Kilowattstunde, bei Anlagen mit fester Biomasse deutlich niedriger – zwischen 11,5 und 23,5 Cent pro kWh. Für ein im Jahr 2030 gebautes wasserstoffbetriebenes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk ermittelte die Studie Erzeugungskosten von 23,6 bis 43,3 Cent pro kWh Strom (im hochflexiblen Betrieb).
Die Stromgestehungskosten der flexiblen Technologien liegen wegen der CO2-Kosten und der Beschaffung von Wasserstoff deutlich über den Werten der erneuerbaren Energien. „Wir benötigen sie als wichtige Ergänzung. Allerdings wird ihr Betrieb auf das Nötigste beschränkt sein“, prognostiziert Paul Müller, Wissenschaftler am Fraunhofer ISE und verantwortlich für diesen Teil der Studie. 1.000 bis 2.000 Betriebsstunden im Jahr 2045 hält Müller für realistisch.
Quelle (siehe Link-Liste): Fraunhofer ISE